Samstag, 15. Oktober 2016

Training für Frankfurt - der Wahnsinn hat gewisse Methode

Es war ruhig geworden in meinem Blog. Geistig und körperlich leer, in vielerlei Beziehung gestresst lief die ganze Vorbereitung auf Frankfurt nicht so wie geplant. Das "auf Tempo kommen" gestaltete sich äußerst schwierig, mit den vorgegebenen Terminen. 3-Halden-Lauf, Trail des 600 Boitheux, LiDoMa VIII auf der Motocross-Strecke in Werl ließ sich die Vorbereitung nicht so planen, wie ich es gerne gehabt hätte und es auch nötig gewesen wären. Auch das stresst mich, der ich Ansprüche in jeder Beziehung an mich selbst habe.

Noch einmal: Meine letzte "vorzeigbare" Marathonzeit datiert von Mai 2014 in Hamburg - eine 3:11:36. Aber ich muss mich selbst einmal am Riemen reißen. Die Fehler des Sommers stecken in meinem Körper. Dennoch lebt der Traum von einer 3:15 in Frankfurt, so unvernünftig er auch erscheinen mag. Ob er weiter lebt, wird morgen entschieden. Morgen findet die Premiere des Rhein-City-Runs, eines Halbmarathonlaufs von Düsseldorf nach Duisburg statt. 14 Tage vor dem Showdown des Laufjahres in Frankfurt. Einen ernsthaften Tempotest habe ich mit dem Lichterlauf über 10 km bei uns in Duisburg Ende September hinter mir.

Vor diesem Lauf war ich nervöser als vor der Tor Tour de Ruhr. Warum? Es war doch nur ein 10er? Nun, diese Distanz bin ich seit mehr als einem Jahr nicht mehr im Wettkampf gelaufen und ich hasse sie im Grunde. Ich wusste nicht, wie ich ihn angehen sollte, hatte aber den Anspruch, zumindest eine 43er Zeit zu laufen. Meine PB liegt irgendwo knapp unter 41:30, aber davon bin ich weit entfernt. Ich plante mal, mit einer 4:20er Pace los zu laufen. Der erste Kilometer war zu schnell, 4:05. Ups,aber ich fühlte mich ganz gut. Dennoch wusste ich, dass ich mein Tempo schnell reduzieren muss. Das tat ich auch, 4:17 war dann schon näher an dem, was ich mir vorgenommen hatte. Das Wetter war fast optimal, nicht zu warm und nicht zu kalt. Die Strecke kannte ich aus dem Training auswendig und ich wusste, dass ab km 3 ruhiges und kontinuierliches Laufen ohne viele Kurven, Brücken oder sonstige Schweinereien erst einmal möglich war. Bis zum Ende der ersten Runde lief ich meinen Stiefel ziemlich konstant herunter immer so um die 4:20, niemals langsamer. Einige Läufer hatte ich wieder überholt. Die hell erleuchtete Zielgerade und die vielen Leute, die meinen Namen Eingang der zweiten Runde riefen, motivierten für den anstrengenderen zweiten Teil des ganzen, somit wurde dieser Kilometer mit erneut 4:05 wieder viel zu schnell. Egal, das gab Puffer. Es waren nur noch 4 Kilometer. Was sind 4 Kilometer für einen Ultra? Unvorstellbar, das länger als 10 Kilometer zu laufen. Aber egal, da musste ich durch. Schon war das Startende der Regattabahn erreicht und es ging endgültig zurück. Markus lief zu mir auf, der Kollege aus der Ausdauerschule ist ungefähr meine momentane Kragenweite. Ein Stück laufen wir gemeinsam, dann kann ich ihn nicht mehr halten 4:24 für Kilometer 8, war es das schon? Nein Thomas, so leicht kommst Du nicht aus der Nummer. Auch wenn Markus weg war, da waren noch zwei weitere Läufer vor mir, an denen ich mich "festsaugen" konnte. Und das tat ich, auch wenn es weh tat. Kilometer 9 lief wieder in 4:17, auf dem 10. Kilometer konnte ich die "4" erreichen. Ein langer Endspurt, ich war im Ziel. Fertig wie lange nicht mehr. Ich traute mich kaum auf meine Uhr zu sehen. Stünde da nun eine hohe 44 oder so, hätte mich das weit herunter gezogen. Aber nein, eine 43:11 stand zu Buche. Ich freute mich verhalten. Mein Ziel war klar erreicht worden, fast ärgerte ich mich ein wenig, nicht an Markus dran geblieben zu sein, denn der hatte die 42:59 erreicht. Diese 10er-zeit ist keine Offenbarung gemessen an meinem Marathon-Traum von der 3:15, aber ich konnte zumindest ein gewisses Niveau zeigen. Und meine 10er Zeit stand noch nie in irgendwelchen Rechenrelationen zur Marathonzeit, die war immer zu langsam dafür. Ich durfte also weiter träumen und arbeiten.

Die Woche darauf stand ein 28 km GAT 1-Lauf an, der letzte wirklich lange Lauf meiner Vorbereitung, die ja mehr den Fokus auf Tempo haben sollte. Das Wetter war regnerisch, windig. Herbst halt. Nach den schönen Septembertagen für mich eher negativ, ich laufe gerne in Sonne und Wärme. Ich war gespannt, was dieser Lauf bringen würde. Ich spielte ein wenig mit dem Gedanken einer Endbeschleunigung, wollte aber erst einmal sehen, was so von alleine geht. Die Rheinuferrunde hatte ich mir ausgedacht, also ging es durch das Feld zum Rheinufer gegenüber der Alsumer Halde, dann Richtung Homberg. Trotz des strammen Windes, der nie so richtig von hinten zu kommen schien, blieb ich immer knapp unter der 5er Pace. Bei Baerl traf ich unsere Trainerin Sabine, die von ihrer Tochter auf dem Rad begleiet wurde. Wir liefen die nächsten Kilometer gemeinsam, was ihr zu einer ungewollten Endbeschleunigung verhalf und mich daher nicht wirklich ausbremste. Aber gut, das musste eigentlich auch gehen. Langsame Lange hatte ich genug gelaufen in den letzten Monaten. Irgendwie packte mich dann, als Sabine sich in Homberg nach Hause veranbschiedet hatte, der Wahnsinn. Ich unterlief die Ruhrorter Rheinbrücke und steuerte noch auf die A40-Brücke in Essenberg zu. Das ist zunächst einmal nicht so weit, der Rückweg hat es aber in sich, da die Ruhrmündung umlaufen werden muss. Mein Tempo erhöhte sich sogar noch, Beflügelt vom umgekehrten belaufen meiner letzten Meter bei der Tor Tour de Ruhr war sogar ein 4:37er Kilometer darunter. Richtung Ruhrort und Hafenpromenade traf mich aber dann der volle Gegenwind, der sich auf dem Deich bei Laar und Beeckerwerth noch steigerte. Dennoch blieb ich hier klar unter 5er Pace, es war nur halt keine Endbeschleunigung, sonder ein Tempo halten im Gegenwind. Im Endeffekt aber derselbe Effekt. Als ich merkte, dass ich am Fußer der A42-Rheinbrücke bereits 28 Kilometer auf dem Tacho haben würde und damit das gesteckte Trainingsziel erreicht, ließ ich mich am anderen Ufer abholen. Es wären sonst gut 34 Kilometer geworden, dafür war es dann doch etwas schnell. Fazit des entscheidenden langen Laufes: Pace von 4:52 auf 29 Kilometern ganz gut gehalten, trotz des strammen Windes und der weitgehenden Einsamkeit auf der Strecke. Frankfurt könnte klappen.

Mein Mini-Trainingslager beim Traildorado wird in der Geschichte auf  http://laufen-in-dortmund.de/nicht-lange-quatschen-laufen-traildorado-staffel-2016/ beschrieben. Auch wenn es durch Jans Ausfall mehr Kilometer als geplant wurden, war ich auch hier zufrieden. Pace spielt keine Rolle.

Morgen also nun die Generalprobe über die Halbmarathon-Distanz. Die laufe ich eigentlich ganz gerne. Ich darf sie auch nur noch im geplanten Marathon-Renntempo angehen, das wäre eine Pace von 4:38. Im Training am Mittwoch bin ich 12,5 Kilometer problemlos in 4:41er Pace gelaufen, ohne groß auf die Uhr zu sehen. Das macht mich optimistisch. Mit Startnummer vor dem Bauch geht es ja immer etwas leichter.

Im Ziel werde ich dann entscheiden. Habe ich es gepackt und fühle mich gut, versuche ich den Wahnsinn in Frankfurt. Komme ich "auf dem Zahnfleisch" ins Ziel oder schaffe diese Pace gar nicht, muss ich dem Laufjahr wohl den verdienten Tribut zollen. Dann wird umgeplant.

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