Freitag, 13. Mai 2016

Tor Tour de Ruhr - der Spaß kann beginnen

Nun, langsam wird es doch kribbelig. Kribbelig aber eher für den ganzen Orga-Aufwand. Die Crew ist zwar bereits sehr selbstständig, aber als gelernte Führungskraft (hüstel hüstel) hat man ja immer das Verlangen, sich um alles selbst zu kümmern, obwohl die Delegation ja erfahrungsgemäß gut funktioniert und ich auch weiß, dass ich mich auf mein Team verlassen kann. Trotzdem ist das Kontrollverlangen ja immer irgendwie da.

Nun, lassen wir mal die Kirche im Dorf. Wir haben ein tolles Team, auch wenn die liebe Anja jetzt leider OP-bedingt ausgefallen ist, konnten wir sofort umdisponieren. Weil wir eben so viele Lauffreunde haben, die sich für uns das Wochenende oder wesentliche Teile davon um die Ohren hauen wollen.

Die letzten Einkäufe sind erledigt, mit den Fressalien kommen wir durch, auch wenn es keinen anderen VP gäbe. Campingkocher, Wassertank für eine mobile Versorgung "out of the Bus" sind besorgt. So steht der Zubereitung von Heißgetränken in der Nacht auch nichts entgegen. Die Crew im Bus könnte ja auch frieren. Die werden versuchen, alle 10 km einen mobilen VP einzurichten und vor allem die Welt über den Stand der Dinge auf dem laufenden halten. Es gibt eine Facebook-Gruppe, der sich jeder interessierte gerne anschließen kann.
 https://www.facebook.com/groups/1016471211723129/

Wir müssen nur noch laufen. Und komischerweise mache ich mir darüber die wenigsten Gedanken und ich glaube, dass meine Claudia dies auch nicht tut. Wir wissen beide, dass wir hundert Meilen bei schwierigen Bedingungen laufen können. Und wir wissen auch, dass wir beide 100 km bei Eiseskälte in der Nacht zu Ende bringen können. Was nach den 100 kommt, kann sowieso keiner kalkulieren. Ich schätze meinen Geist so stark ein, dass ich viele Schwierigkeiten mentaler Art werde überwinden können. Mein Großcousin André hat mich am Mittwoch gefragt, was er denn in der Nacht als Begleitläufer tun solle, er sei ja nicht so redselig, wie ich es manchmal bin. André, Du musst gar nichts tun. Du musst einfach nur dabei sein. Alleine ein neuer Laufbegleiter hilft, man kann auch schweigend lange Strecken nebeneinander her laufen. Allein, dass sich jemand meine Flüche und Klagen anhört, gibt einem ein gutes Gefühl. Die Koordination VP macht der Radbegleiter. Es wird gut tun, einen ebenfalls erfahrenen Läufer an seiner Seite zu haben. Ich werde mit Claudia zusammen starten, aber unsere Wege werden sich unterwegs trennen. Wenn nicht automatisch, dann herbeigeführt. Denn ich halte das, was im Laufe des Rennens passieren wird, nicht mit ihr aus. Wir wollen uns nicht gegenseitig herunterziehen, denn einer wird immer irgendein Problem haben. Mit Problemen musst Du auf dieser Distanz alleine klar kommen, dann kann man sich wenig helfen.

"Die Crew bring Euch da durch" - in diesem Satz steckt viel wahres. Was allein Henning an - vielleicht auch unbewusster - Aufbauarbeit während des Mauerweglaufes für mich und Yvy dort für Claudia getan hat, kann man nicht überbewerten. Umso mehr ziehe ich den Hut vor denen, die das wirklich mit vielleicht nur einem Radfahrer durchziehen. Aber der Lauf ist für mich keine Durchschlageübung, sondern ein sportliches Event und beim Sport ist Betreuung nichts anrüchiges. Ich bin mehr der gesellige Typ und ich denke, dass diese Team-Event für uns alle ein Gewinn sein wird. Gestern beim Training spürte ich natürlich auch die Anspannung von Holger, Werner, den beiden Michaels. Halt, bei einem Michael. Beim anderen....ich weiß nicht. Aber dafür ist er Gold wert, sein schräger allgegenwärtiger Humor, seine teilweise absurden Späße werden uns am Sonntag früh auf andere Gedanken bringen.
Allein für diese tolle Crew wird man nicht aufgeben, wenn es irgendwie möglich ist. Man kann den Lauf durchaus auch in strammem Marsch fortsetzen, wenn es sein muss. Wir werden die nötige Achtsamkeit hoffentlich nicht verlieren.

Vorbereitet haben wir uns, so wie wir es für richtig hielten. Grundkonzept hohe Grundgeschwindigkeit halten, einige Belastungsspitzen im Marathon- und Ultrabereich setzen und einen 100er in die Nacht. Dann nochmal sechs Tage regelmäßige Belastung, jetzt Ruhe. Das ist mein Weg. Wenn der nicht zum Ziel führt, führt er mich woanders hin, aber es ist meiner. Ich habe es geschafft, keinen anderen Ultra-Plänen hinterher zu laufen, sondern die Pläne der Ausdauerschule by Bunert nach bestem Wissen und Gewissen modifiziert. Ich denke, Claudia geht es ähnlich.

Mein Wunsch ist es, meine Claudia an der Ruhrmündung in die Arme nehmen zu können und uns gegenseitig gratulieren zu dürfen. Wünsche gehen nicht immer in Erfüllung, das ist uns wohl bewusst. Aber man kann ja zielstrebig drauf hin arbeiten.

In diesem Sinne.....

Dienstag, 10. Mai 2016

Riesenbecker Sixdays part IV - der Countdown nähert sich dem Ende

Ich bin wieder zu Hause. Eine tolle Urlaubswoche, in der sich eigentlich mal wieder alles ums Laufen drehte, ist schon wieder vorbei und bis zum Pfingstwochenende sind es nur noch wenig Tage.

Ich habe heute früh und heute nachmittag nach dem Auspacken das Video vom Vorabend zusammen geschnitten und dabei auch den Tag noch einmal optisch vor Augen geführt bekommen. Unsere Freunde Marco und Kim haben die Sixdays auch erfolgreich beenden können, im Grunde hatten wir daran beide nicht gezweifelt. Es waren andere Sixdays, für mich wirklich wunderschöne Läufe, in denen ich endlich einmal losgelöst von allen Wettkampfgedanken und Pace-Rechnerei den Lauf und seine wunderbare Landschaft genießen durfte. Unser scheinbar doch ganz brauchbarer Trainingszustand erlaube es uns, einen schönen Filmbericht über die Veranstaltung zu machen, wie es ihn wohl bisher noch nicht gab.

Auch Marco und Kim hat die Woche gefallen. Gerade Kim ist hier wirklich über sich hinausgewachsen und hat mit dem Finish eine Leistung gebracht, die ihr einige Leute nicht zugetraut hätten. meine Claudia hat sie mit viel Erfahrung und guter Unterhaltung durch die meiner Frau ja bereits bestens bekannten Etappen geführt. Mit Marco war das für mich aufgrund der ähnlicheren Leistungsstärken einfacher. Mir haben die vielen guten Gespräche unterwegs mit vielen mir bisher unbekannten Läufern gut getan, vielleicht konnte ich auch einigen Mut machen, sich Dinge zuzutrauen. Denn Laufsport ist nicht immer nur der Kampf bis zur völligen Erschöpfung. Ich habe versucht, für mich einzuüben, "den Moment zu laufen". Nicht immer an das Ziel und den Weg dahin zu denken, sondern einfach einmal das auf mich wirken zu lassen, was gerade um mich herum ist. Das ist für mich das Geheimnis des Ultra-Laufens.

Wenn ich nun ein Fazit des Trainings nach meiner Verletzung  im Februar/März ziehen darf:
"Nur" gut 1350 km bis Mitte Mai, hört sich nicht viel an, aber da ich fast 3 Wochen verletzt ausgefallen bin, noch recht ordentlich, aber halt nicht überzogen.
Ich bin gut wieder rein gekommen, auch wenn ich auf wirklich schnelle Einheiten verzichten musste. Ich habe mit mit dem Two Oceans über 56 km, mit dem Trainingslauf "Rund um Rheinberg" über die selbe Distanz und den 100 km, davon knapp die Hälfte des Nachts, am Seilersee so gut es ging vorbereitet. Den letzten Test bei den oben beschriebenen Risenbecker Sixdays mit 6 x ca. 20 hügeligen Kilometern konnte ich locker und mit einigen Reserven absolvieren. Und dabei hatte ich soviel Spaß, wie noch nie bei diesen Sixdays.

Nun geht es einige Tage an die Crew-Planung. Es müssen die Fahrten abgestimmt, die Verpflegung besorgt (ohne Mampf kein Kampf), kurzfristig umdisponiert werden. Aber das alles läuft sich ganz gut an. Freitag habe ich dann frei, wie der Name schon sagt. Und davor im Büro so viel zu tun, dass ich gar keine Zeit habe, nervös zu sein.
Es könnte der Lauf meines Lebens werden.....oder auch nicht. Wer kann das wissen?

Mittwoch, 4. Mai 2016

Riesenbecker Sixdays part III - Stunde der Wahrheit

Der Mettingen Montag war vorüber, die "Etappe der Wahrheit" von Mettingen nach Ibbenbüren-Dickenberg stand an. Für mich war es in all den vergangenen Jahren keine schöne Wahrheit. Bereits beim ersten Mal musste ich kämpfen nach einer Euphorie am Montag, die mich scheinbar fliegend ins Ziel getragen hatte. Aber auch in meinem besten Jahr 2012 hatte ich hier zu kämpfen und hatte hier den Grundstein für meine damalige Top 100 Platzierung gelegt. Und 2014 war es sowieso eine ganz besondere Etappe durch den strömenden Regen, den, wie ich damals schrieb, "kein Hollywood-Regisseur weggelassen haben würde". Ich werde diesen Tag, diesen Start damals nicht vergessen.
Zieleinlauf 2014

Auch in diesem Jahr bei herrlichem Wetter steht Karine nochmals im Mittelpunkt vor der Kirche in Mettingen. Einmal noch in der strahlenden Sonne stehen , in der mir in diesen Minten nicht der kalte Wind eine Gänsehaut verschaffte. Ich kann dast den Regen des Vorjahres spüren. Die französischen Freunde Karines stehen unweit von mir fast an der selben Stelle wie zwei Jahre zuvor. Aus den Lautsprechern klingt Andreas' Gabaliers "Amoi seg ma uns wieder" und ich blicke zur Staute des hl. St. Michael, dessen dunkle Kulisse sich vor mir im Gegenlicht hart vor dem blauen Himmel abzeichnet. Ich habe die Mütze abgenommen und glaube in diesen Momenten, dass uns hier aus dem tiefen Blau mit seinen weißen Wolken jemand zusieht und dabei ist. Eine Frau, die ich nie gekannt und nur kurz gesehen hatte, und die hier doch so omnipräsent erscheint.

Damit ist das Thema durch, nicht vergessen, aber im Sinne von "Das Leben geht weiter" für mich verarbeitet. Kommen wir zurück zum Laufen. Die Etappe hat ihre Tücken und entsprechend verhalten gehen Marco und ich das Ganze an.  Marco hat leichte Knieprobleme wie so jhäufig, wenn er viel durch hügeliges Gelände läuft. Mir geht es blendend, das Beste für mich ist hier wirklich, dass ich keine Zeit habe, mir wirklich über die TorTour de Ruhr Gedanken zu machen. Dieser Lauf nimmt mich im Moment noch völlig ein. Nicht kräftemäßig, ich habe keine Spur von Muskelkater und auch sonst keine Beschwerden, aber mental. Ich laufe hier naturgemäß weiter hinten im Feld und habe die Luft, mich zu unterhalten. Dabei lerne ich viele interessante Leute kennen und respektieren, die ich sonst nie gesehen habe. Denn die alle um mich herum kämpfen sich hier durch, mit viel Herz und Engagement. Sie alle sind stolz auf das, was sie hier bisher leisten oder geleistet haben und das sollen sie auch sein. Denn hier in diesem Lauf ist jeder ein Sieger, der jetzt hier noch im Rennen sein darf.

Ich habe jetzt schon fast Angst, dass ich angesichts der Flut der Highlights in diesem Frühjahr das Ding zu Pfingsten zu leicht nehme. Es sind nur noch 10 Tage bis zu jenen 230 Kilometern von der Ruhrquelle in Winterberg zur Mündung in Duisburg-Ruhrort. Eine Wahnsinnstat, die Claudias und meine Vorhaben seit nunmehr zwei Jahren beeinflussen, die wir da vor haben und nun bereits in wenigen Tagen umsetzen wollen. Wir sind damit nicht alleine, auch hier bei den Sixdays finden sich mit HaWe und Tanja mindestens zwei Teilnehmer. Wir nutzen das hier als Training, ohne damit die Veranstaltung abqualifizieren zu wollen. Und es ist sehr gutes Training, hier in der vorletzten Woche täglich noch einmal Runden von 17-23 Kilometern drehen zu können. Ich werde die vielen netten Gespräche mit den anderen Teilnehmern und die unvergleichlichen Eindrücke dieser Frühlingslandschaft - das Wetter meint es in diesem Jahr besonders gut mit uns - mit an die Ruhr nehmen.

Der Zieleinlauf der 4. Etappe war mir noch nie so leicht gefallen wie an diesem Tage. Frank Sommerkamp wartete wieder auf uns auf seiner "Haus- und Hofstrecke" um die Dickenberger Halde. Ich zog ein wenig an, denn aufgrund meiner frühen Starts in Mettingen und Ibbenbüren ist Marco etwas vor mir in der Ergebnisliste. Die Nettozeiten....aber das ist ja im Grunde völlig egal. Ich bin in diesem Jahr richtig entspannt bei dieser Veranstaltung. Fast denke ich mit Schrecken daran, dass ich mich ab Spätsommer ja wieder auf einen schnellen Marathon vorbereiten möchte. Aber bis dahin ist ja noch viel Zeit.

Montag, 2. Mai 2016

Riesenbecker Sixdays Part II - Gedanken zum Mettinger Montag

Das Glück kann ein ein Arschloch sein. Vor zwei Jahren, bei ebenfalls herrlichem Wetter, hatten wir die Riesenbecker Sixdays -Etappe 3 noch genossen, ich hatte mich damit abgefunden, dass es nicht so laufen konnte wie 2012 und mich mit den Resultaten angefreundet. Da kam die Nachricht vom Tode einer Läuferin, vom Tode von Karine. ( http://laufen-in-dortmund.blogspot.de/2014/05/riesenbecker-sixdays-etappe-der.html ) Und dazu kam der Regen. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet, es Regnete vor dem Start dieser anderen Etappe in Mettingen 2014. Niemals werde ich die Minuten vergessen, in denen wir vor der Kirche in Mettingen am Dienstag standen und in denen Zeiten und Strecke so unwichtig waren, wie nur irgendetwas. Dazu gibt es das eine Foto, auf dem meine Claudia mit ihrem unnachahmlichen Lächeln am Bahnübergang das ganze Glück diese Sports zu genießen schien, dahinter Karine läuft, die bereits wenige Zeit später nicht mehr unter uns weilen sollte. Ich verzichte bewusst darauf, diese Foto hier zu veröffentlichen.
Daran muss ich auch denken als wir mit Marco und Kim in Mettingen - wieder bei herrlichem Wetter - auf dem Kirchplatz, wo gerade das Ziel aufgebaut wurde, eintreffen. In diesem Moment leben wir das Glück der absolvierten Kilometer, freuen uns auf den Lauf. Und morgen kann die Welt eine andere sein. Für Dich, für mich, für jeden von uns.
Der Lauf am gestrigen Tage berauschte mich einfach. Endlich war es mit 18 Grad für die Jahreszeit angemessen warm. Die Abendsonne malt die Fassaden der alten Gebäude in Tecklenburg besonders leuchtend, sie bietet uns beim Weg hinab nach Ledde durch den Forst ein magisches Licht, wenn ihre sichtbaren Lichtstrahlen schräg zwischen den Bäumen auf den Boden ein Muster aus Licht und Schatten projizieren.
Auch lässt sie die Rapsfelder, zwischen denen wir wieder Höhe gewinnen, intensiv duften und leuchten. Genau so muss es vor zwei Jahren gewesen sein.
Als wir im Wald an jener Stelle vorbeikommen, an der Karine Ihre Rennen beenden musste, halte ich kurz inne und bleibe stehen. Kurze Gedanken an die Flüchtigkeit des Glückes, aber auch das intensive Erleben dieses Ortes, an dem so viele ahnungslos vorüber laufen. Vor uns läuft ein Läufer der Gallopins de Guyenne. Er läuft weiter und wird wissen, warum. Mir kommt das Zitat von Herrmann Hesse in den Kopf, welches vor zwei Jahren auf der Homepage der Sixdays zur Unterlegung der Worte, die zur Fortsetzung der Veranstaltung aufriefen, Verwendung fand:

"Jeder Mensch aber ist nicht nur er selber, er ist auch der einmalige, ganz besondere, in jedem Fall wichtige und merkwürdige Punkt, wo die Erscheinungen der Welt sich kreuzen, nur einmal so und nie wieder. Darum ist jedes Menschen Geschichte wichtig, ewig, göttlich, darum ist jeder Mensch solange er irgend lebt und den Willen der Natur erfüllt, wunderbar und jeder Aufmerksamkeit würdig."

Dann bin ich auch mental wieder im Rennen. Denn das Rennen, das Leben ging weiter seit 2014. Und das ist gut so. Auch wenn es manchmal scheint, als seinen wir der Nabel dieser Welt - wirklich eine andere würde sie ohne uns nicht sein.
Jeder von uns ist unendlich wichtig, hat unendlich wichtige Dinge zu tun und zu berichten. Aber die Sonne scheint genauso auf diese Welt wie vor zwei Jahren, die Läuferschlange
bewegt sich genau so durch die hügelige Landschaft. Nichts scheint sich verändert zu haben. Und was haben wir alles in den letzten zwei Jahren getan? Was haben wir erlebt, gesehen, gefühlt?
Und so ist es gut.
Der Mettinger Montag empfängt uns mit aller Euphorie, als wir am Autohaus die Holtkamp-Siedlung nach der letzten Steigung verlassen. Wir laufen berauscht, wir werden schneller, wir lassen andere Läufer hinter uns. Nicht wegen irgendwelcher Ergebnislisten, sondern weil uns im Moment danach ist. Wir können beide schneller laufen, als wir es hier tun und ich hoffe immer, dass die anderen es nicht als Beleidigung empfinden, wenn sie ihre Höchstleistung in dem Moment vollbrigen, in dem ich sie zum dritten Male scheinbar leicht und locker überhole. Marco wird immer schneller. Ich horche intensiv in meinen angeschlagenen Oberschenkel hinein, aber da scheint alles in Ordnung. Wir fliegen scheinbar an den Läufern vor uns vorbei, erreichen Mettingen und hören den Lärm des Zielkorridors. "Glaubst Du nicht, dass 3:38er Pace etwas schnell ist?" rufe ich Marco zu. "Nö" ruft er beschleunigend zurück. Im Vollsprint geht es durch Zuschauer und Cheerleader ins Ziel. Das ist wieder der Laufwettkampf, das Rennen um Zeiten und Resultate. Das war der Moment, in dem Du meinst, dass alle Augen auf Dich gerichtet sind und das Glück kübelweise über Dir ausgeschüttet wird.

Es kann vergänglich sein - aber dieser Moment gehört Dir. Darum laufe ich. Und darum leben wir.
Solange wir dürfen.

Coming home.......Riesenbecker Sixdays part. I

Die Woche nach den 100 Kilometern beim 24h-Lauf vom Seilersee  ( kann man hier nachlesen: http://laufen-in-dortmund.de/gelungener-test-am-seilersee-in-jeder-beziehung/ ) verging wie im Flug auch ohne Lauftraining. Denn ich wollte - bis auf unsere Donnerstags-Übungseinheit mit der Ausdauerschule - wirklich einmal die Füße ruhig halten. Eine Woche kaum laufen, denn 100 km sind 100 km und stecken irgendwo in den Beinen. Hey Mann, ich muss mich hier selbst einmal stoppen: Ich bin 100 Kilometer gelaufen! Das ist etwas, wovon ich noch vor drei Jahren geträumt hattte, es dann im Juni 2013 in Biel tatsächlich umsetzen konnte und nun.....nun ist es quasi "Training" und ich tue es eine Woche vor den Riesenbecker Sixdays. Jener Veranstaltung, die für mich und auch für Claudia eine der schönsten ist, an denen wir bisher teilnehmen durften. Jetzt liegt auch diese Veranstaltung als "Training" für das Mammutprojekt TorTour de Ruhr vor uns ausgebreitet.

Aber ich schweife ab. Ich war beim Training am Donnerstag. Lange Berganläufe standen auf dem Plan, wir trafen uns wieder an der Sportanlage von TuRa 88 am Fuße des Kaiserberges in Duisburg. Das Wetter bleib die ganze Woche mehr als bescheiden und ließ bange Erwartungen an die Sixdays aufkommen. Vor dem Training war es "schweinekalt" und schwarze Wolken drohten am Himmel. Ich hielt meine zusammengepackte Regenjacke in der Hand, wir liefen los. Bereits nach dem ersten Berganlauf, Marco, Claudia und ich und hoffentlich auch Kim in der anderen Trainingsgruppe, liefen mit gebremstem Schaum, begann es zu regnen. Bei Temperaturen um die 7 Grad wirklich nicht schön. Das "Hügelchen hat so 450 Meter Länge und dabei jeweils 35 Höhenmeter. Das ganze dann bei stärker werdendem Regen 8 Mal. Das reicht auch bei gemäßigte Tempo für Dicke Oberschenkel. Ich wollte mal hoffen, dass Die uns nicht am Samstag bei den Riesenbecker Sixdays in Erinnerung bringen würden. Egal, mit 9,5 Kilometern sollte dies als Vorbereitung reichen.

Am Samstag Morgen ging es dann los. Marco und Kim holten uns ab, das schwere Gepäck (was man für eine Woche Laufen nicht alles mitnimmt) wurde von Marco gewohnt akribisch verstaut und dann ging es ab nach Riesenbeck. Unser Häuschen, eine kleines Appartementhaus direkt am "Nassen Dreieck", der Schnittstelle von Mittelland- und Doofmund-Ems-Kanal, gefällt uns schon mal sehr gut. Vom Balkon hat man einen Blick auf fast alle Streckenelemente der Sixdays. Den Kanal, den letzten Höhenzug des Teutoburger Waldes, die schattigen Alleen und die Feldwege entlang der vielen Bauern- und Reiterhöfe, die den unverwechselbaren, aber auch abwechslungsreichen Charme dieser Landschaft ausmachen, die in den Streckenbeschreibungen des Veranstalters gerne einmal als berauschend beschrieben wird. Wir wollen einmal hoffen, dass das Wetter uns auch eine Nutzung dieser schönen Dachterrasse erlauben wird.
Unsere Dachterrasse in der "Villa Wasser"

Am Samstag ist es erst einmal noch "usselig", wie man bei uns am Niederrhein sagt. Bewölkt, knapp zweistellige Temperaturen und stets drohende dunkle Wolkenformationen. Unter diesem Himmel machen wir uns auf nach Ibbenbüren, wo uns die Busse zurück zum Start nach Riesenbeck bringen sollen. Im Bus wieder das Briefing für uns von Michael Brinkmann, dem Vater der Sixdays. Kurz ein wenig Organisatorisches,
Briefing im Bus
eine Streckenbeschreibung und viel guter Laune lassen uns den einsetzenden Regen verdrängen. Der hat bei der Ankunft in Riesenbeck bereits wieder aufgehört. Unsere kleine Truppe sammelt sich wieder. Cousin André ist wieder mit Familie hier, wegen ihm sind wir 2008 das erste Mal gekommen. Er ist bereits das sechste Mal dabei. Volker, der damals bei unserem ersten Mal hier mitlief und nun zurückgekehrt ist. Aber auch viele andere bekannte Gesichter aus den letzten Jahren tauchen auf. Es beginnt nochmals kurz zu regnen, aber pünktlich zum Start hört es auf. Möge es für die kommenden sechst Tage doch bitte dabei bleiben.

Zum Lauf selbst schreibe ich nichts, schaut Euch einfach das Video hier an.
Das Video vom ersten Tag

Es ist für mich  nicht einfach, mein Tempo hier zu zügeln. Man meint immer, man wäre in einem Rechtfertigungszwang, warum man hier so langsam läuft. Aber das ist völliger Blödsinn. Jeder Läufer, der hier die sechs Tage durchhält, ist ein Held, ein Sieger, hat großes geleistet. Vor allem aber hat jeder seine eigene Geschichte. Sein eigenes Umfeld, welches ihm erlaubt, mehr oder weniger zu trainieren. Jeder hat mehr oder halt weniger Talent, hat den Willen, alles zu geben oder einfach nur den Lauf zu genießen. Jeder hat vorher bereits andere Läufe gemacht oder möchte danach noch andere Schwerpunkte setzen.  Lassen wir es doch einmal einfach dabei bewenden und versuchen, nicht auf Tabellen und Ranglisten und die Stoppuhr zu schauen. Den Wert eines Laufes misst nicht allein die Uhr im Ziel und der Dienstleister für Zeitmessung. Den Wert eines Laufes kann im Grunde nur jeder für sich selbst erkennen.
Tag 1 geschafft

Im Ziel in Ibbenbüren freuen wir uns, als alle sechs die Etappe gut bewältigt haben. Ein leckeres Eis haben wir uns verdient, ebenso das gute Abendessen im Hotel Riesenbeck. Vom Abend ist nicht mehr viel übrig, als wir zurück in unserem Domizil am "Nassen Dreieck" sind und ich beile mich, das Video zusammen zu schneiden.

Das Lob am nächsten Tag vor dem Lauf, welches ich von vielen Läufern erhalte, ist mir Motivation, es fortzusetzen. An diesem Zweiten Tag wartet die "Königsetappe" von Ibbenbüren entlang des Hermannswegs ins schöne Tecklenburg auf uns. Eine aufgrund der Höhenmeter anspruchsvolle, aber landschaftlich wunderschöne Etappe. Und das bei "Kaiserwetter", denn die Wolken verziehen sich und die Sonne begleitet uns und taucht das frische Grün der ausschlagenden Bäume in ein wundervolles Licht. Der frische Nordwind sorg dafür, dass es nicht zu warm wird und so ist es angerichtet, ein großes Lauffest zu werden. Leider trickst mich meine Kamera aus, ich hatte so schöne Sequenzen gedreht, um nachher feststellen zu müssen, dass ich versehentlich im Zeitraffer gefilmt hatte . Das lässt sich zwar am PC wieder unter gewissem Qualitätsverlust zurückverwandeln, aber der Ton war über weite Strecken unwiderbringlich verloren. Ich habe mich dann in einer Nachtschicht bemüht, zu retten, was zu retten war und hoffe, es ist mir einiger maßen mit den gegebenen technischen Möglichkeiten gelungen. Auch Marco und Kim waren voll des Lobes über den von mir oben beschriebenen Geist der Veranstaltung, der Schönheit der Strecke und beide haben die Belastung sehr gut weggesteckt.
Claudia, Kim und Frank in Tecklenburg
Beiden geht es nach dem zweiten Tag sehr gut. Auch für uns war das eingeschlagene Tempo wohl richtig, denn die Muskeln und Gelenke halten. Das müssen sie auch.

Hier der "Erfolg" meiner Bemühungen, aus Datenmüll noch etwas zu machen:
Das bearbeitete Video vom Tag 2

Ein wenig schade ist es dennoch, dass der alte Zieleinlauf auf der Schloßstraße in Tecklenburg nicht mehr angelaufen werden kann. Der Anstieg zur Freilichtbühne mit anschließendem Zielschuss hatte etwas, ich habe ihn einmal als den schönsten Zieleinlauf, den ich kannte, bezeichnet. Und ich kenne viele. Aber es ist wohl organisatorisch nicht zu machen und der neue hat auch seine Reize.

Der Montag Vormittag vergeht nach ausgiebigem gemeinsamen Frühstück einfach mit Faulenzen. Am Sonntag Abend hatten wir uns mit unserem Laufbekannten Frank in der Pizzeria getroffen und viele Laufgeschichten und Geschichtchen ausgetauscht. Jetzt sitze ich in der Sonne, sehe auf Kanal und den Streckenverlauf des sechsten Tages und schreibe diese Zeilen. Ich wünsche Euch allen weiter viel Spaß. Vielleicht begegnet man sich ja auf der Piste.